300 Seiten • Verlag Suhrkamp (LINK)
Solange man kein Grau gemalt habe, sagte Paul Cézanne einmal, sei man kein Maler. Wenn Peter Sloterdijk diesen Satz auf die Philosophie überträgt, mag dies als unerläutertes Behauptungsereignis wie eine maßlose Provokation klingen. Warum sollten Philosophen eine einzelne Farbe denken, anstatt sich mit Ethik, Metaphysik oder Logik zu beschäftigen? Doch schon eine erste historische Grabung verschafft der Intuition Plausibilität: Welche Farbe haben die Schatten in Platons Höhlengleichnis? Malt die Philosophie laut Hegel nicht stets Grisaillen? Und impliziert Heideggers In-der-Welt-sein nicht den Aufenthalt in einem diffusen Grau?
Peter Sloterdijk folgt dem grauen Faden durch die Philosophie-, Kunst- und Mentalitätsgeschichte. Er befasst sich mit der Rotvergrauung der Deutschen Demokratischen Republik, mit Graustufenphotographie und lebensfeindlichen Landschaften in der Literatur. Indem er das Grau als Metapher, als Stimmungsindikator und als Anzeige politisch-moralischer Zweideutigkeit erkundet, liefert er eine Vielzahl bestechender Belege für die titelgebende These.
Inhaltsverzeichnis
Prolog: Unter fahlem Segel über die Gewässer der Gewöhnlichkeit
1. Das Ge-gräu: Platons Höhlenlicht, Hegels Dämmerung, Heideggers Nebel
Erste Digression: Kafkas Korridore
2. Erweiterung der politischen Farbenlehre: Die grauen Fahnen flattern uns voran
Zweite Digression: Zones grises
3. Spektrales Grau: Vom alten Leiden des Lichts beim Abstieg ins Dunkel und seinen neueren Großtaten auf Salz und Silber
Dritte Digression: Von Grau und Frau
4. Graues, das dich berührt: im Sturm – im Norden – am Meer – in den Bergen
Vierte Digression: Was es mit Cézannes Grau auf sich hat
5. Die grauen Ekstasen: Mystischer Rap, laue Drift, schöpferische Indifferenz und die Schwierigkeit, Gott gegen den Verdacht der Gleichgültigkeit zu verteidigen