Bundespräsident Horst Köhler hat sich entschieden, den wegen vielfachen Mordes einsitzenden, ehemaligen RAF-Terroristen Christian Klar nicht zu begnadigen. Mit der Verweigerung des Gnadenerweises hat der Bundespräsident die Stimmung im größten Teil der deutschen Bevölkerung getroffen, die sich, Umfragen zufolge, bei einer Begnadigung in ihrem Gerechtigkeitsempfinden grob irritiert gesehen hätte. Nun scheint der Rechtsfrieden gewahrt, ein spätes Kapitel in der deutschen Justizgeschichte scheint abgeschlossen. Der unvermittelt auftauchende Schatten jener „bleiernen Zeit“ des Terrors, der sich genau 30 Jahre nach dem „Deutschen Herbst“ zeigte, scheint nun fast wieder verflogen. Aber ist das wirklich so? Ist die deutsche Gesellschaft nicht immer noch befangen in der Aufarbeitung des Symboljahres 1968, auf das sich auch die RAF bezog? Darüber diskutieren zum 40. Jahrestag der Erschießung des Berliner Studenten Benno Ohnesorg, dessen Tod am 2. Juni 1967 zum Fanal des gewaltbereiten studentischen Protestes wurde, Peter Sloterdijk und Rüdiger Safranski mit Filmregisseur Volker Schlöndorff und „Spiegel“-Kulturchef Matthias Matussek. Schlöndorff, 1939 geboren, hat mit Filmen wie „Deutschland im Herbst“ oder „Die verlorene Ehre der Katharina Blum“ Position bezogen. Für Matussek, Jahrgang 1954, Verkünder eines neuen deutschen Patriotismus und Angehöriger einer jüngeren Generation, haben die achtundsechziger Phänomene weitgehend historische Aspekte. Noch immer ist die Bedeutung der 68er-Bewegung umstritten, obwohl deutliche Spuren ihrer Wirkung in der gesellschaftlichen Wirklichkeit deutlich sind. War aber die 68er-Bewegung wirklich Akteur dieser Veränderungen oder nur deren Symptom? Die damaligen Visionen und Utopien, ob töricht oder nicht, sprechen auch für eine Jugendbewegung mit großem romantischen Überschuss, so Safranski und Sloterdijk. (Text: ZDF)