Fußball-Fieber in Deutschland: Eine Nation steht Kopf, die Industrie vereinbart Arbeitspausen für die Fans des runden Leders, Termine werden verlegt. Die Fußball-Weltmeisterschaft steht vor der Tür, und rechtzeitig vor dem ersten Anstoß in München widmet sich am Sonntag, 28. Mai 2006, 0.20 Uhr, im ZDF „Das Philosophische Quartett“ der schönsten Nebensache der Welt. Über diese diskutieren die Gastgeber Peter Sloterdijk und Rüdiger Safranski mit dem Philosophen und kritischen Sportwissenschaftler Gunter Gebauer und dem sportbegeisterten Schriftsteller Wolf Wondratschek. Fußball als Daseinsform ist der Ausgangspunkt der eloquenten Überlegungen im „Philosophischen Quartett“. Die Fußball-Kultur ist inzwischen eine Angelegenheit, die zu ernst ist, um nur als Spiel gelten zu können. Vom Fußball erwartet man Belebung am Arbeitsmarkt, wirtschaftlichen Aufschwung, Aufhellung der allgemeinen Stimmung, Sinngebung des Lebens. Das alles erinnert an das Ende des Römischen Reiches, als das Volk mit „Brot und Spielen“ bei Laune gehalten werden musste. Ist die Fußball-Begeisterung ein Symptom der Dekadenz? Geht die Fähigkeit, zwischen dem Wichtigen und Unwichtigen zu unterscheiden, allmählich verloren? Worin besteht der Reiz des Fußballs? Der Fußball hat sich als fester Bestandteil unserer Alltagskultur etabliert. Die kurzfristige Absage von André Hellers WM- Eröffnungsgala in Berlin durch die FIFA lässt jedoch Zweifel aufkommen: In welchem Verhältnis stehen Fußball und die Schönen Künste? Sind sie trotz aller Faszination vieler namhafter Geistesgrößen etwa doch zwei sehr verschiedene Welten, die nicht zueinander finden? Der Fußball bietet für viele Wünsche eine große Projektionsfläche: Eine Gemeinschaft von elf Männern oder Frauen kämpft geschlossen für ein Ziel. Diese Solidarität einer Mannschaft und das Einstehen füreinander fasziniert viele, da ihr Alltag von sich auflösenden sozialen Bindungen und Einzelkämpferdasein geprägt ist. Die Geschmeidigkeit, mit der sich die durchtrainierten Athleten bewegen, konfrontiert Büromenschen, die ihren Alltag zwischen PC und der heimischen Couch verbringen, mit einem Ideal, dem sie nacheifern können. In einer immer komplexeren Welt, von deren Globalisierungs- und Innovationsprozessen sich viele überfordert fühlen, ist der Fußball eine Institution, die Vertrauen erweckt: Die Regeln des Spiels sind klar, einleuchtend und seit Jahrzehnten in ihren wesentlichen Prinzipien gültig. (Text: ZDF)