Folge: 55 | Erstausstrahlung am 28.11.2010 | Die Gäste: Prof. Dr. Dr. h.c. Friedrich Wilhelm Graf (Theologe) und Gero von Randow (Wissenschaftsjournalist „Die Zeit“)
„Gott ist tot“, das hat Friedrich Nietzsche einstmals behauptet. Aber nun provoziert ein Wissenschaftler die Welt, indem er behauptet, dass es Gott nie gegeben hätte. Mit dieser These hat der Astrophysiker und Bestsellerautor Stephen Hawking in seinem neuesten Erfolgsbuch „Der große Entwurf“ einen lautstark geführten Disput über den Ursprung des Universums ausgelöst. Vor allem bei den Theologen regt sich Widerspruch, die sich selbstverständlich nicht damit abfinden können, dass die Erschaffung des Weltalls nicht Gottes großer Wurf und eine unumstößliche Glaubenssache sein soll. Es ist nun mal eine schwer zu begreifende Vorstellung, dass das Universum ganz aus sich selbst heraus entstanden sein könnte, ohne Schöpfung und vor allem ohne Schöpfer, nur den Gesetzen der Gravitation gehorchend. Indem Hawking die widerstreitenden Thesen der Relativität und der Quantenphysik zur „Theorie von allem“ zusammenzuführen versucht, glaubt er herausgefunden zu haben, dass das Weltall „nicht auf Intervention eines übernatürlichen Wesens oder Gottes angewiesen“ sei. Es gibt also keinen Gott, der das Licht angezündet und das Universum in Gang gesetzt hat. Universum ohne Gott? Darüber diskutieren Peter Sloterdijk und Rüdiger Safranski mit einem der prominentesten deutschen Theologen, Friedrich Wilhelm Graf, und dem profilierten Wissenschaftsjournalisten Gero von Randow von der „Zeit“. Die Klärung der Frage, ob denn Gott wirklich existiert, ist seit Menschengedenken versucht worden, obwohl der Kirchenlehrer Augustinus verfügt hatte, wer diese Frage stelle, für den sei die Hölle reserviert. Die zahlreichen Gottesbeweise wurden von bedeutenden Religionskritikern wie Immanuel Kant oder Ludwig Feuerbach verworfen, letzterer versuchte zu beweisen, dass Gottes Existenz eine Fiktion ist. Traditionell ist das Frage- und Antwortspiel um die Geheimnisse des Kosmos Sache der Philosophie. Doch die „Philosophie ist tot“, schreibt Hawking. Sie habe mit den neueren Entwicklungen in den Naturwissenschaften, vor allem in der Physik, nicht Schritt halten können, die mit ihren Entdeckungen die Suche nach der Erkenntnis voranbringen. Trotz des Hawkingschen Urteils werden die Philosophen Peter Sloterdijk und Rüdiger Safranski versuchen, mit ihren Gästen Früchte vom Baum der Erkenntnis zu pflücken, wenn sie die Menschheitsfragen stellen: Warum existieren wir? Warum gibt es etwas und nicht nichts? Gibt es eine objektive Realität, die der Wissenschaft zugänglich ist? Woher kommt alles? Kann das Universum aus dem Nichts entstehen oder braucht es dafür Gott? Gelingt es, die Weltformel zu finden? (Text: ZDF)