Weltproblem Radikalismus

Über das Drama der Bevölkerungsexplosion und das damit zusammenhängende „Weltproblem Radikalismus“ diskutiert das „Philosophische Quartett“ im ZDF am Sonntag, 29. Oktober 2006, 23.45 Uhr. Warum die steigende Geburtenrate in benachteiligten Weltregionen als eine grundlegende Konfliktlinie aktueller politischer Radikalismen zu bewerten ist und wie eine Politik auszusehen hat, die sich nicht an den Symptomen abarbeitet – darüber sprechen Peter Sloterdijk und Rüdiger Safranski mit ihren Gästen, dem Bremer Soziologen und Gewaltforscher Gunnar Heinsohn und dem Publizisten und Schriftsteller Roger Willemsen. Seit der Publikation von Samuel Huntingtons umstrittener Epochendiagnose vom „Kampf der Kulturen“ ist das Denken der Soziologen von der Annahme beherrscht, mit dem Zusammenbruch des sowjetischen Imperiums entstehe eine neue Konfliktlandschaft, die nicht länger mehr durch den Ost-West-Gegensatz, sondern von kulturellen und religiösen Gegensätzen bestimmt wird. Als Gegner des Westens werden asiatische Staaten ausgemacht, das Großreich China zumal, und die islamisch geprägte Welt. Geht es aber in Wahrheit nicht um eine ganz andere Konfliktlinie, die im gegenwärtigen Lärm der politischen Debatten weniger beachtet wird? Eine Konfliktlinie, die zeigt, dass die intensivsten Auseinandersetzungen unserer Zeit wohl doch nicht nur ideengeschichtliche, kulturelle oder religiöse Ursachen haben? Diese Reibungsgrenze, so Sloterdijk, verläuft an demographisch heißen und kühlen Zonen des Planeten: das Drama der Bevölkerungsentwicklung. Sie wird, so stellt der Soziologe Gunnar Heinsohn fest, konkret unter anderem am Schicksal der ungezählten Millionen junger Männer in den benachteiligten Ländern und Völkern der asiatisch- afrikanischen Dritten Welt, den, wie er sagt „überflüssigen Söhnen“. Es staut sich ein Frustrations- und Resignationspotential, das nach Entladung drängt. Aus dieser Diagnose ergeben sich sowohl politisch- strategische wie ethische Konsequenzen für eine Definition der westlichen Position auch im Hinblick auf heikle Diskurse mit den anderen großen Religionen. Zivilisationsarbeit in den demographisch unruhigen Zonen, die Absenkung der Geburtenrate zur demographischen Temperaturregelung scheinen vordringliche Aufgaben zu werden, so Sloterdijk und Safranski. (Text: ZDF)