Die demographischen Zahlen belegen in nüchterner Gnadenlosigkeit: Die Deutschen sterben aus. Zumindest wird bis zur Mitte dieses Jahrhunderts die Anzahl der Bundesbürger dramatisch gesunken sein. Die Angaben der Demoskopen schwanken zwar relativ stark – die einen sehen im Jahr 2050 einen Rückgang der Bevölkerung um gut zehn Millionen auf siebzig Millionen, bis zur nächsten Jahrhundertwende um gut zwanzig auf sechzig Millionen Bürger; andere Institute rechnen gar mit einem jeweils doppelt so hohen Verlust. Autoren wie Frank Schirrmacher und nun Thilo Sarrazin haben das Problem der sich vermindernden und damit überalteten deutschen Gesellschaft publikumswirksam benannt. Die Politik freilich will auf die besorgniserregende Nachricht bis heute nicht reagieren. Sie stellt sich weitgehend taub. Selbst wenn sich die Geburtenraten in Deutschland – nur Italien weist in Europa noch schlechtere Zahlen aus – wieder erholten, gar vervielfachten, wäre wenig gegen den starken Trend zur Schwächung auszurichten. Sterben die Deutschen tatsächlich aus? Darüber wollen Peter Sloterdijk und Rüdiger Safranski mit zwei Gästen diskutieren, die dezidierte An- und Einsichten zum Thema haben: Gunnar Heinsohn, der Bremer Soziologe, der unter anderem aus bevölkerungsstatistischen Fakten Motive, Auslöser und Wirkungsmechanismen weltpolitischer Bewegungen herleitet, daher demographische Prognostik auch als ein Frühwarnsystem begreifen kann, und Michael Naumann, der als Verleger und Journalist, heute als Chefredakteur der politisch-literarischen Monatsschrift „Cicero“ am Puls der Zeit ist und als Kulturstaatsminister in der Regierung Schröder die Systematik der Macht studieren konnte. Selbst wenn die politische Klasse von der Maxime Abschied nähme, dass Macht sich auch auf Bevölkerungsreichtum begründet, dass sie Standort und Bedeutung Deutschlands in Europa neu justierte und definierte – wie wird die Gesellschaft insgesamt auf all die künftigen Verwerfungen reagieren? Wie werden die Generationen ihre Konflikte austragen? Wie die in die Kassen Einzahlenden ihre mit den Transferabhängigen? Wie die ethnischen Gruppen der Einwanderer untereinander und mit den Alteingesessenen? Und wie werden sich all diese Konflikte verschärfen bei womöglich schwindendem Wohlstand? Einen Vorgeschmack darauf liefern gegenwärtig die angstbesetzten Auseinandersetzungen nicht nur konservativer Gruppen in Deutschland mit muslimischen Neubürgern. Wird eine dann veränderte deutsche Gesellschaft biegsam und intelligent genug sein, solche Zerreißproben zu bestehen?(Text: ZDF)