Zeitenwende: Was hält die Gesellschaft noch zusammen?

Kann sich aus der Krise des Kapitals eine Kulturkrise oder gar eine Sinnkrise des Systems entwickeln, die in ein postdemokratisches Zeitalter führt? Das „Philosophische Quartett“ im ZDF diskutiert diese Frage am Sonntag, 7. Juni 2009, 0.00 Uhr unter dem Titel „Zeitenwende: Was hält die Gesellschaft noch zusammen?“ Zu Gast bei Peter Sloterdijk und Rüdiger Safranski sind die Schriftstellerin Juli Zeh und der streitbare Heidelberger Verfassungs- und Steuerrechtler Prof. Dr. Paul Kirchhof. Die Diskussion im „Philosophischen Quartett“ setzt mit der Beobachtung ein, dass die Krise offensichtlich noch nicht in ihrem vollen Ausmaß zu erkennen ist, da in Deutschland fleißig konsumiert wird und Wirtschaftsinstitute gar das Ende der Talsohle schon zu erkennen glauben. Wer jedoch feiner ins gesellschaftliche Gewebe hineinsieht, kann das Knirschen im Gefüge der sozialen Ordnung vernehmen. Da und dort ist auch schon latente Panik zu verspüren. Wenn dann die Nation keine pathetische Formel mehr bietet, unter der man sich findet, wie gefährdet wird dann das System sein? Was hält die Gesellschaft noch zusammen außer der gemeinsamen Angst? Aus der Finanz- und Wirtschaftskrise wird sich als bitterer Preis der Umstände eine tiefe Kulturkrise entwickeln, so die These von Peter Sloterdijk und Rüdiger Safranski. Und zwar dann, wenn die Erosion der sozialen Übereinkünfte augenfällig werden sollte, wenn der gesellschaftliche Zusammenhalt brüchig wird. Noch erscheint die Regierung beherzt auf der Kommandobrücke – aber ist es nicht die Brücke der „Titanic“, die hier mit voller Kraft und ohne Kenntnis des sicheren Kurses durch die Eislandschaft gesteuert wird? Nach der Bundestagswahl im September wird vermutlich vieles grundlegend anders wahrgenommen werden: Die Zahl der Arbeitslosen könnte dramatisch steigen, die Zusammenbrüche einiger mittlerer und großer Unternehmen scheinen unabwendbar. Statt Steuersenkung wird wohl eher das Gegenteil erfolgen: Die Steuer- und Abgabenlasten werden erheblich schwerer, das Armutsrisiko für den bürgerlichen Mittelstand wird in die Höhe schnellen. Die unerhörte Kapitalvernichtung könnte so ein Krisengefühl und Krisenbewusstsein ganz neuer Art auslösen.