ZEIT dokument 2-1999

62 Seiten Verlag Zeitverlag

Der Streit um den Menschen

Inhalt

Vorwort

Mit Vokabeln wie „Menschenzucht“ oder „Anthropotechnik“ hat der in Karlsruhe lehrende Ästhetik-Professor Peter Sloterdijk Auseinandersetzung um die Gentechnik entfacht, die bis heu zur Ruhe kommt. Stein des Anstoßes war eine Rede, die Sloterdijk 1999 auf dem bayerischen Schloss Elmau gehalten hatte und die im Publikum zum Teil heftigen Widerspruch erregte.
Ihr Titel: „Regeln für den Menschenpark“, ihr Tenor: Der Humanismus – und damit das abendländisch-christliche Weltbild – hat als per der Menschenzähmung versagt, wie man spätestens 1945 hätte wissen können. Der Humanismus ist eine schöne Illusion der Vergangenheit, seine Zeit „unwiderruflich abgelaufen“. Deshalb müsse die Menschheit, um ihre eigene Gewalttätigkeit einzudämmen, andere Wege beschreiten und gentechnische Möglichkeiten „aktiv aufgreifen“. Nietzsche und Plato zitierend, stellte Sloterdijk Überlegungen zum nach-humanistischen Zeitalter an, sprach von einer „züchterischen Steuerung der Reproduktion“ sowie der Überwindung des „Geburtenfatalismus“ durch „explizite Merkmalsplanung“. „Gattungspolitische Entscheidungen“ stünden an; der Horizont öffne sich für genetische Eingriffe in das Potential des Menschen. Die Berichterstatter überregionaler Zeitungen sprachen von einem Eklat und warfen Sloterdijk elitäre Züchtungsphantasien vor.
Nachdem sich weitere kritische Stimmen zu Wort gemeldet hatten, ist Sloterdijks Elmauer Rede in der breiten Öffentlichkeit höchst kontrovers diskutiert worden. Die Auseinandersetzung kreiste um den „autoplastischen“ Alptraum beziehungsweise die humanen Chancen, die das gentechnische Zeitalter eröffnet. Sloterdijk selbst, auch noch enger Berater des Suhrkamp-Verlages, fühlte sich von seinen Kritikern missverstanden und beschuldigte den Philosophen Jürgen Habermas, ein Komplott gegen ihn angezettelt und ihn mit haltlos-alarmistischen Vorwürfen diffamiert zu haben. Der Skandal bestehe nicht in seiner Rede, sondern im Jakobinismus der „Frankfurter Schule“, die eine ,Fatwa“ über ihn verhänge.

Dieses ZEITdokument veröffentlicht die Druckfassung der Elmauer Rede, die offenen Briefe Sloterdijks sowie u.a. Wortmeldungen von Jürgen Habermas, Ernst Tugendhat, Manfred Frank, Ronald Walther, Ch. Zimmerli, Jörg Albrecht, Antie Vollmer, Robert Spacmann, Patrick Bahners, Hans-Ulrich Gumbrecht, Reinhard Mohr, Thomas Assheuer und Roger de Weck.

Inhaltsverzeichnis

DIE ZEIT Nr. 38/99
Regeln für den Menschenpark
Von Peter Sloterdijk

DIE ZEIT Nr. 38/99
Das Zarathustra-Projekt
Von Thomas Assheuer

DER SPIEGEL Nr. 36/99
Züchter des Übermenschen
Von Reinhard Mohr

DIE ZEIT Nr. 37/99
O Sophie
Von Ulrich Greiner

DIE ZEIT Nr. 37/99
Die Kritische Theorie ist tot
Von Peter Sloterdijk

DIE ZEIT Nr. 38/99
Post vom bösen Geist
Von Jürgen Habermas

DIE ZEIT Nr. 39/99
Geschweife und Geschwafel
Von Manfred Frank

DIE ZEIT Nr. 39/99
Es gibt keine Gene für die Moral
Von Ernst Tugendhat

DIE ZEIT Nr. 38/99
Die Guten ins Töpfchen
Von Jörg Albrecht

DIE ZEIT Nr. 38/99
Klone zu Discountpreisen
Von Ulrich Schnabel

DIE ZEIT Nr. 38/99
Die falsche Angst, Gott zu spielen
Von Ronald Dworkin

DIE ZEIT Nr. 40/99
Die Evolution in eigener Regie
Von Walther Ch. Zimmerli

FRANKFURTER RUNDSCHAU vom 18.9.99
Der Rächer der Enterbten
Von Micha Brumlik

FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG vom 22.9.99
Tränen des Aufklärers
Von Hans Ulrich Gumbrecht

FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG vom 27.9.99
Aussichten auf den Bürgerkrieg
Von Patrick Bahners (Berliner Feuilleton)

FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG vom 27.9.99
Ritter der Übermoral
Von Antje Vollmer

FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG vom 30.9.99
Der falsche Prophet
Von Christian Geyer

FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG vom 7.10.99
Wozu der Aufwand?
Von Robert Spaemann

MERKUR Heft 11. November 1999
Mythologie, nicht Philosophie
Von Karl Heinz Bohrer

DIE ZEIT Nr. 40/99
Was ist deutsch?
Von Thomas Assheuer

DIE ZEIT Nr. 41/99
Der Kulturkampf
Von Roger de Weck